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Radfahren im wilden Albanien

Albanien

An der Grenze zu Albanien werden wir von den Grenzbeamten an den stehenden Lkw vorbeigelotst und kommen direkt ohne Wartezeit an den Schalter.
Der Beamte fragt uns wo wir herkommen und als wir ihm erklären, dass wir mit dem Rad von Deutschland bis nach Albanien gefahren sind, antwortet er nur “Are you Crazy?”.

Kurze Zeit später dürfen wir trotzdem weiter und Olga hat ihren Stempel im Reisepass, während Michel mit seinem Personalausweis einreisen darf.

Willkommen in Albanien!

Während der ersten Kilometer merken wir schon, dass dieses Land wohl ganz besonders wird. Die Autofahrer (Es sind fast nur ältere Mercedes Modelle unterwegs) winken und hupen uns so überschwänglich zu, dass wir fast ein wenig beunruhigt sind, wie die Autos ohne die Hände der Fahrer an uns vorbeidüsen!
Viele Kinder sind auf den Straßen unterwegs und sie winken uns lachend zu oder sprechen ein paar Sätze auf Englisch mit uns.

Daneben merken wir allerdings auch schnell, dass in Albanien eine große Armut herrscht und vieles so ist, wie vor 100 Jahren in Deutschland. Viele Häuser sind verfallen und behelfsmäßig wieder zusammengebaut. Die Leute sind teilweise mit Kutschen oder Pferden unterwegs und auf den Straßen sehen wir nicht selten Kühe, Schweine und andere Tiere rumlaufen.
Wir sind einfach nur überwältigt von dieser so unwirklich scheinenden Welt.
Insbesondere dann, wenn uns der zahnlose alte Mann auf der Pferdekutsche mit breiten Grinsen zuwinkt – unglaublich tolle Menschen, die trotz solcher Umstände einfach nur glücklich sind!

Wir fahren ungefähr 50 km bis kurz vor die Stadt Skutari und schlagen am gleichnamigen See unser Zelt auf. Der See ist spiegelglatt und im Hintergrund können wir schon die Berge sehen, die wir die nächsten Tage zu überqueren haben!
Abends kommen noch ein paar Fischer vorbei und Grüßen uns ebenso herzlich wie die Menschen zuvor. Ein toller erster Tag in Albanien, den wir mit einem Lagerfeuer ausklingen lassen.

Plötzlich in einer anderen Welt

Am nächsten Tag packen wir unsere Sachen und fahren nach Skutari. Je näher wir der Stadt kommen, desto wilder wird alles.

Hupende Autofahrer schlängeln sich einen Weg durch die Straßenverkäufer, die mit ihren Verkaufswagen kreuz und quer über die Straße laufen. Dazu gesellen sich ein paar bellende Straßenhunde und wild gackernde Hühner. Wir werden von Mopeds und Autos überholt, sehen ab und an aber auch ein paar Fahrradfahrer!
Irgendwie schaffen wir es durch dieses Gewusel und kommen im Zentrum an! Das war abenteuerlich, aber uns gefällt diese plötzliche, komplett ungewohnte Welt sehr!
Wir heben uns ein bisschen Geld an einem Bankautomaten neben der Uni ab und dann schauen wir uns gemütlich in der Innenstadt um.

Michel möchte noch eine Postkarte verschicken und geht daher ins Postamt um eine Briefmarke zu kaufen. Hier geht das Chaos genauso weiter – alle Leute sind wild am diskutieren und wechseln von Schlange zu Schlange. Irgendwann hat eine Mitarbeiterin erbarmen mit dem Ausländer, der mit großen Fragezeichen über dem Kopf vor den Schlangen steht und gibt Michel schnell seine Briefmarken.

Gegen Abend fahren wir aus der Stadt raus, was deutlich ruhiger verläuft als die Einfahrt, und finden einen schönen Campingspot auf einer Wiese neben einem Feldweg.
Während wir unser Zelt aufbauen, fahren einige Bauern mit ihren Kutschen an uns vorbei – wirklich ein spannendes, da komplett ungewohntes Bild.
Wir kochen uns ein leckeres Abendessen und fallen bald danach in einen ruhigen Schlaf.

Eine lange und anstrengende Bergetappe

Morgens stehen wir früh auf und fahren Richtung Osten auf die Berge zu. An einem Markt halten wir noch an und kaufen Obst und Gemüse für die Mittagspause und das Abendessen ein.
Kurz darauf beginnen dann die Berge. Es geht fast den ganzen Tag bergauf aber wir werden durch freundliche Menschen und sagenhafte Ausblicke belohnt. Auf ca. 1000 Höhenmetern kommen wir gegen 14 Uhr in der Stadt Pukë an. Hier machen wir eine kleine Pause und kaufen uns für den Abend zwei Dosen Bier.

Ein Stückchen hinter der Stadt geht es endlich wieder leicht bergab. Nach ein paar Kilometern finden wir etwas abseits der Straße einen tollen Platz zum campen. Schnell wird das Zelt aufgebaut und dann genießen wir am Lagerfeuer unser wohlverdientes Bier!

Auch am nächsten Tag, geht es nach einer längeren Abfahrt wieder ordentlich bergauf. Es sind kaum Autos unterwegs und wir sind wirklich mitten in der wunderschönen Wildnis von Albanien. So bringt Radfahren richtig viel Spaß!

Die Berge werden langsam erobert und Olga stellt folgende Thesen auf:

“Beim bergauf fahren ist man langsam, aber es ist warm. Bei den Bergabfahrten ist man dafür zwar schnell, aber man friert.”

Michel ist sich dabei auch nicht sicher was besser ist…

Irgendwann fahren wir um eine Kurve und plötzlich stehen wir vor einem riesigen Tal, in das sich ein Wolkenbett gelegt hat. Mit wundervoller Aussicht auf dieses Naturschauspiel fahren wir langsam bergab und kommen gegen Abend an einer Ruine an, in deren Garage wir unser Zelt aufschlagen.

Am nächsten Tag geht es weiter bergab mit toller Aussicht auf die umliegenden Berge. Kurzzeitig verwandelt sich die Straße in eine Schotterpiste, aber schon bald sind wir wieder auf geteerten Straßen und nach ein paar Kilometern verlassen wir die Wildnis und befinden uns auf der Autobahn Richtung Kosovo!

Die Autobahnen hier sind jedoch nicht mit deutschen zu vergleichen – hier herrscht deutlich weniger Verkehr und es ist problemlos möglich mit dem Rad zu fahren.

Albanien, du warst wundervoll!

Nach einigen Kilometern erreichen wir die Stadt Kukës. Hier frischen wir unsere Lebensmittelvorräte auf und machen eine kurze Pause.
Einige Leute kommen zu uns und sprechen ein paar Sätze auf deutsch mit uns. Wir sind wieder überrascht und fasziniert, wieviele Menschen in Albanien bzw. im Balkan Deutsch reden können. Fast jeder scheint schonmal für einige Jahre in Deutschland gearbeitet zu haben!

Gegen Mittag steigen wir wieder auf unsere Räder und fahren die letzten paar Kilometer weiter Richtung Grenzübergang zum Kosovo. Zum krönenden Abschluss unserer Albanienreise sehen wir am Straßenrand auf einmal eine herrenlose, prall gefüllte Kiste mit Mandarinen – Danke!

Auch wenn wir nur ein paar Tage in Albanien verbracht haben, waren wir sehr begeistert von diesem Land und insbesondere von den freundlichen Menschen. Es hat richtig viel Spaß gebracht hier Fahrrad zu fahren – Eine absolute Empfehlung unsererseits!

Hier kannst du dir jetzt auch noch unser Albanien Video anschauen!

Warst du selber auch schon mal in Albanien auf Radtour? Oder mit einem anderen Verkehrsmittel? Wie stellst du dir Albanien vor?
Schreibe einen Kommentar und lass uns an deinen Erfahrungen und Gedanken teilhaben – wir freuen uns!

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15 Comments
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6 Jahre zuvor

Hallo ihr zwei. Eure Schilderungen sind praktisch identisch mit meinen. Auf der einen Seite diese Armut, die kaputten Häuser und Strassen und auf der anderen Seite die freundlichen Menschen und eigentlich recht rücksichtsvollen Fahrern der durchwegs fast nur Mercedes Autos :). Was mir noch so krass eingefahren ist, ist der ganze Müll überall, wirklich überall Plastik und sonstiger Müll. Die Landschaft wäre so schön, die Täler, die Flüsse usw. Schade, dass dies alles so verschmutzt ist. Ich war im Februar dort, also auch noch nicht lange her…liebe Grüsse aus der Zentraltürkei. Mathias

6 Jahre zuvor
Reply to  Michel

Hy ihr zwei. Ja das ist doch schon mal ein Anfang mit dem Stoffsack. Ist immer lustig zu beobachte, wie man dich im Geschäft ansieht, wenn man sagt, man braucht keinen Plastikbeutel…für mich gehts auch weiter nach Georgien. Danach Armenien, Iran usw. bis nach Singapur….vielleicht trifft man sich ja noch irgendwo.

6 Jahre zuvor

Hi ihr beiden,
erstmal eine hammer tour die ihr da fahrt!! 😀 ich plane mit einem kumpel eine radtour von athen nach kassel und da kommen wir unter anderem auch durch albanien und den kosovo. zwar fahren wir weiter südlich durch albanien aber habt ihr vielleicht etwas von der lage dort gehört? 🙂 in anderen berichten wird zum Beispiel auch eher vom wildcampen abgeraten etc…
viel freude weiterhin beim radeln
leon

6 Jahre zuvor

Moin ?
Wir sind ebenfalls von Albanien weiter nach Kosovo gefahren. Allerdings einen anderen Weg. In Shkodra blieben wir für ein paar Nächte und haben viele Radreisende getroffen. Zusammen mit einem französischen Pärchen ging es weiter in Richtung Kosovo über Koman.
Uns vielen auch die vielen alten Mercedes auf und der Müll auf. Das letzte ist uns generell auf dem Balkan des häufigeren aufgefallen. Dennoch hat uns der Balkan absolut fasziniert, besonders die Landschaft und Leute. Häufig kamen wir mit Englisch nicht weit, aber es fand sich immer jemand, der deutsch sprach (bis auf Serbien). Für uns war es auch interessant zu erfahren warum. So tauchen wir auch hin und wieder tief in die Geschichte ein.

Schöner Artikel ?
Gruß RobTob

6 Jahre zuvor

Ja Albanien mit Bike ist genial, wegen dem Müll haben wir uns mit vielen Albaneren unterhalten, es gibt schlicht keine Müllabfuhr, und die Leute lieben es einfach alles in den Landschaft zu schmeissen. Schon krass, aber nach viel diskutieren haben wir die Leute leider auch nicht überzeugen können. Das mit dem Hupen fast jedes Autofahrers war nach einiger zeit doch sehr nervend, und die Albaner hassen scheinbar Verkehrschilder, fast jedes war bis zur unkenntlichkeit zerschossen 😀 Wir haben komischerweise keinen richtigen Supermarkt gefunden, und vornehmlich wird dort Maisbrot gegessen, was echt nicht unseres war. Enorm ist wahrlich die Freundlichkeit der Albaner, wir haben da wirklich nur positive Erfahrungen gemacht.In Bosnien, Kosovo, Kroatien, Slowenien, Mazedonien und Griechenland waren die Menschen eigtl. auch immer sehr freundlich, aber Albanien, alle mit denen wir uns dort unterhalten haben, waren interessiert, haben uns immer schlafplätze angeboten und so einige selbstgebrannte Schnäpse fanden den Weg in unsere Kehle 😀 In Montenegro wollten wir unsere Wasservorräte auffüllen bei einem Haus und die Familie hat uns direkt erstmal eingeladen zum Essen. Anschliessend wurde uns eine Flasche eigens gebrannten Angeboten und nach knapp 1 Stunde waren wir dermaßen voll, das wir mehr oder weniger voll die nächste Abfahrt runterschieben mussten 😀 Einzig in allen Mittelmeerküstenregionen, dort ist teils starker Touri Betrieb und die Leute sind entsprechend abgenervt von den Gästen, was ich teils wirklich verstehen kann, manche verhalten sich wirklich wie die größten idioten.

Peter
6 Jahre zuvor

Hallo, mich würd interessieren, von wo aus in Deutschland ihr gefahren seid und welche Route ihr genommen habt. Ich plane was ähnliches von Wien aus. Würde aber mit dem Rennrad fahren – ist der Zustand der Straßen eurer Meinung nach gut genug dafür?

Danke und Gruß,
Peter

Anna
5 Jahre zuvor

Nordalbanien unterscheidet sich sehr vom Südalbanien. Der Norden war schon in Hoxhas Zeit der ärmste Ort Albaniens. Wenn Sie nach Tirana und dann weiter Richtung Süden gefahren wären, hätten Sie sicherlich weniger Armut gesehen. Auch kulturell unterscheidet sich der Norden vom Süden. Während im Norden eher die traditionelle Bergleben herrscht, sind die Menschen im Süden mediterran und ähneln sich in ihrer Lebensweise den Italiener und Griechen. Albanien hat eine sehr abwechslungsreiche Natur und auch diesbezüglich gibt es große unterschiede, der Norden ist Alpin und der Süden Mediterran.

Wildes Campen ist vor allem im Süden überhaupt kein Problem.

Dietmar Augele
5 Jahre zuvor

Hallo,
für andere Fahrradfahrer wäre es außer dem vielfach erwähnten Müll bestimmt interessant zu erfahren, wie die Straßenverhältnisse und der Verkehr sind. Sind die meisten Straßen per Rad problemlos befahrbar oder muss man um sein Leben fürchten?

Leander Biberger
5 Jahre zuvor

Hallo,
wir planen zu zweit mit dem Rennrad von Triest nach Korfu zur radeln.
Wer hat schon so etwas ähnliches gemacht und gibt uns Tipps zu Straßenverhältnisse, Verpflegung und Übernachtungen?
Für eine email wäre ich dankbar
Leander Biberger

2 Jahre zuvor

2surmise